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Traditionsbewusstsein und Kultur sind das A und O – Brauchtum und Identität der Badener

Traditionen in Baden | © panthermedia.net /Krasimira Nevenova

Traditionsbewusstsein und Kultur sind das A und O – Brauchtum und Identität der Badener

Baden – Vielen Bürgern der Bundesrepublik Deutschland sagt dieses Wort erst einmal nichts. Sie denken an das Planschen in der Badewanne oder vielleicht bemerkt der ein oder andere: Oh, hat das was mit Baden-Württemberg zu tun? Ja genau, es geht um einen Teilbereich des Bundeslandes Baden-Württemberg. Der Bereich, der sich selbst als „von der Sonne verwöhnt“ bezeichnet. Ein deutscher Landstrich entlang des Rheins, der von den Mittelmeerwinden – die das Rhonetal hochziehen – profitiert. Ein Gebiet, welches genauso von der Industriestadt Mannheim wie dem Lieblingsstädchen der Japaner Heidelberg geprägt ist. Karlsruhe erinnert an das Bundesverfassungsgericht, Baden-Baden an das Spielkasino. Freiburg wirbt mit seinen Gartenwirtschaften. Die Urlauber zieht es an den Bodensee, in den Schwarzwald oder auch an den Kaiserstuhl. Doch was steckt dahinter? Was prägt die Menschen die in diesem südlichsten Zipfel der Bundesrepublik leben?

Der Badener und sein Dialekt

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Dazu ist zuerst eine Differenzierung notwendig. Die Menschen, die in der Gegend von Heidelberg leben, bezeichnen sich selbst als „Badenser“. Es soll hier um die Badener gehen, die Menschen, die am südwestlichsten Zipfel Deutschlands leben. „Du bisch en alder Dipfelesscheißer“ würde nun ein waschechter Badener der Autorin vorhalten, die dazu im Internet die Übersetzung „Erbsenzähler“ findet. Ja, der Dialekt als Teil ihrer Tradition ist den Einheimischen wichtig. Kommt der Familienvater morgens vom Bäcker, hat er 3 Laugeweckle und 2 Seelen gekauft und sagt zu seinem Sohn: „Drigg net so fescht uff des Weggle, sonsch machsch en Dulle nei.“ Er geht durch alle Altersgruppen und alle Gesellschaftsschichten. In der Schule wird zwar in „Hochdeutsch“ unterrichtet, doch natürlich von Einheimischen. Der Akzent verrät jedoch unwillkürlich auch den begnadesten Deutschlehrer.

Ein ganz besonderer Menschenschlag

Ein weiteres interessantes Phänomen ist für Außenstehende zu beobachten. Dies ist die unglaubliche Begeisterung der Badener für ihre Heimat. So lautet die erste Strophe des Badenerliedes: „Das schönste Land in Deutschlands Gauen, das ist mein Badnerland, es ist so herrlich anzuschauen, und ruht in Gottes Hand.“ Traditionsbewusst wird es möglichst oft gesungen – so z.B. wenn der SC Freiburg zuhause spielt. Entsprechend sind an vielen Autos Aufkleber mit dem Spruch „’s gibt badische und unsymbadische“ zu sehen. Ja, diese Konzentration auf sich selbst macht diesen Menschenschlag zu einer Besonderheit. So ist es dort nicht erstaunlich, Menschen zu begegnen, die der Auffassung sind, an der deutschen Küste würde es immer regnen. Zudem würde dort kein Obst wachsen, da es zu kalt sei. Woher kommt diese Besonderheit, diese Abgeschiedenheit? Ein Grund wird im Verankertsein des katholischen Glaubens gesehen.

Viele kleine Ortschaften sind von der katholischen Tradition geprägt, auch wenn der Glaube oft nicht mehr praktiziert wird. Ein weiterer Grund liegt in der Abgeschiedenheit z.B. der kleinen Schwarzwalddörfchen in je ihrem eigenen Tal. So lief der Philosoph und Rektor der Freiburger Universität Martin Heidegger von Todnauberg aus auf seinem täglichen Weg über die Gipfel des Südschwarzwaldes. Mit freier Sicht dachte er über das Sein des Menschen nach und über es hinaus. Trotzdem konnte er sich nicht vorstellen seiner Freundin – der jüdischen Philosophin Hannah Arendt – zu helfen, als sie während des Nationalsozialismus seiner Unterstützung bedurfte. Das Alte, das Bewährte, die Tradition, das was man kennt, das was schon immer da war, gibt Halt. Es soll nicht verändert werden.

Tradition und Kultur als Ausprägung des badischen Menschenschlages

Weinberg in Baden | © panthermedia.net /Dagmar Richardt
Weinberg in Baden | © panthermedia.net /Dagmar Richardt

Was fällt dem Urlauber auf, wenn er Baden bereist? Die Wärme, der Wein, das besondere Essen, die Staußenwirtschaften, die Weinfeste, die Fasnet. In der regionalen Großstadt Freiburg fällt das Münster, der Markt, die Bächle, die vielen Fahrradfahrer, das Zeltmusikfestival, der Ökostadtteil Vauban, die Regiokarte, etc. ins Blickfeld. Lassen Sie uns dies genauer beleuchten. Schon bei der obigen Auflistung fällt auf, dass der Wein mit all seinen Facetten die Kultur des südbadischen Raumes prägt. Es gibt Weinbauern zu sehen, die liebevoll jede einzelne Pflanze im Sommerhalbjahr hegen und pflegen. In den Straußenwirtschaften können die Produkte direkt beim Erzeuger genossen werden. Viele Weinfeste ziehen unzählige Menschen an, die dort verschiedenste Weine direkt beim Winzer kosten. Dann die hoch anstrengende Weinlese, während der die Weinbauern Trauben und „Neuen Süßen“ auf dem Markt in den verschiedensten Gärstadien anbieten. Die Einheimischen lieben die Speisen in den Straußen. Es gibt einfache original badische Küche: Leberle mit Brägele, Kässpätzle, Salatkreationen, Kratzede, Spargel oder Apfelstrudel mit Vanillesauce. Dem Kenner läuft das Wasser im Munde zusammen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der badischen Kultur ist die Fasnet – in hochdeutsch Karneval oder Fasching. Kleine traditionell verankerte Zünfte zeigen sich in ihrem je eigenem Outfit um den Winter zu vertreiben. Gerade bei alten Zünften tragen viele Zugehörige handgefertigte Holzmasken sowie ein ursprüngliches Kostüm wie z.B. dem eines Kobolds. Sie können bei den verschiedensten Umzügen bewundert werden. Doch was macht der echte Badener, wenn er nicht gerade in einer Strauße isst oder zum Fasching geht? Der Markt in Freiburg mit seinem Münster darf inzwischen auch zum Kulturgut gezählt werden. Neben einheimischen Bauern bieten unzählige Verkäufer ihre Waren an. Zudem gibt es die Anbieter der ultimativen „Roten vom Münster“ – einer Art gegrillter Bockwurst. Und am Rande des Marktplatzes sehen wir die Bächle – kleine Rinnsale in die die Touristen so gerne fallen. Geschieht dieses einem Besucher der Stadt, muss er oder sie der Tradition entsprechend ein echtes Freiburger Bobbele heiraten.

Der Berühmteste unserer Tage war Exbundeskanzler Schröder – hat er anschießend eine echte Freiburgerin geheiratet? Zu Freiburg gehört auch die Tradition der Ökostadt. Dieses zeigt sich u.a. im Stadtteil Vauban. In diesem neuen Stadtteil sind regelmäßig ausländische Touristen zu sehen, denen die vielfältige ökologische Bauweise erklärt wird. Beim G8-Gipfel in Deutschland wurde das Vauban als Vorzeigestadtteil vorgestellt. Aber ups, wenn wir nicht aufpassen, stehen wir bei unserer Besichtigungstour in Freiburg einem Radfahrer mitten im Weg. Hier gibt es nichts schnelleres als das Rad – keine Staus und keine fehlenden Parkplätze kosten unnötige Zeit. Dazu hat der Kreis die sogenannte Regiokarte eingeführt. Eine sehr günstige Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel, die oft erst den Umstieg auf Rad und Car-Sharing ermöglicht. Ja, Baden mit seiner Ökohauptstadt Freiburg soll aus Tradition umweltfreundlich sein und bleiben.

Fazit zu die Traditionen und Identität der Badener

Badische Tradition: Schwarzwälder Kirschtorte | © panthermedia.net /Nils Melzer
Badische Tradition: Schwarzwälder Kirschtorte | © panthermedia.net /Nils Melzer

Nun, ist ein Urlaub in Baden oder sogar ein Umzug anzuraten? Das Land ist durch seine Kultur und Tradition geprägt. Die Badener leben es. Möchte oder kann man sich integrieren? Der Dialekt ist schnell gelernt oder in der Stadt wird meistens Hochdeutsch gesprochen. Wer Lust hat, sich auf die regionalen Besonderheiten einzulassen, wird viele schöne Stunden in der Gegend verleben können, in der die Menschen von sich selbst sagen, sie seien von der Sonne verwöhnt.